Logistik anno 2025: Kleine Geschichte aus der Zukunft

Lassen Sie sich von Prof. Dr. Michael ten Hompel auf eine Reise in die logistische Zukunft mitnehmen. Wir sind uns sicher, dass wir John (und auch Helen) im Jahr 2025 mit unserer Informationstechnologie unterstützen können.

In seiner Rede zur Verleihung des IFOY ­(International Forklift Truck of the Year) Awards 2016 Ende Mai in Hannover fesselte Professor Michael ten Hompel die Zuhörer mit den Erlebnissen der Logistikfachkraft John im Jahr 2025: ein Blick auf Arbeit und Zwischenmenschliches im Logistik­zentrum der Zukunft.

John fühlt sich wohl in Gamezone. Die kleine Cyberstadt mit ihren blankgeputzten Straßen und kleinen Plätzen strahlt jene Sicherheit und Beschaulichkeit aus, die John als Mitglied der „Generation Z“ so sehr zu schätzen weiß. Jeden Morgen geht er über den Platz der Datenfreiheit und betritt sein „Spielfeld“ – eine Kombination aus einem riesigen Datenzentrum, das er und seine Kollegen das „Allerheiligste“ nennen, und einem Logistikzentrum neuester Bauart. Sein Weg führt ihn vorbei an der schmalen Panzerglasscheibe, die einen Blick auf das „Allerheiligste“ freigibt. Die Reihe der Rechner ist so lang, dass John die gegenüberliegende Wand nicht erkennen kann. Er nimmt sich eines jener Smart Devices namens „Coaster“ aus dem Regal, das alle wegen der flachen und quadratischen Form auch liebevoll Bierdeckel nennen. Ein kurzer Blick auf die eingebaute Kamera reicht, um sich identifizieren zu lassen.

Seinem morgendlichen Ritual folgend schaltet John mit einem kurzen Wisch am Brillenbügel den kleinen Projektor ein, der ihm fortan alle wichtigen Informationen auf die Netzhaut spiegelt. In der Zwischenzeit hat der Bierdeckel alle Apps geladen, die John für seine heutige Arbeit braucht. „Hi John, wie war das Wochenende?“, klingt es aus dem Brillenbügel. Es ist die sonore Stimme von Paul, der sich gerade auf der anderen Seite des „Spielfeldes“ eingeloggt hat. Er und John bilden ein Doppel und arbeiten Hand in Hand mit einer wechselnden Gruppe von Cybots: auto­nomen Fahrzeugen, Drohnen und den neuen Schreitmaschinen, die seit zwei Wochen etwas staksig, aber erstaunlich behände durch die Hallen laufen.

John geht durch die Terrahertz-Sicherheitsschleuse und betritt den Court. Das „große Spiel“, das auch Gamezone seinen Namen gab, war als neue Form der Arbeitsorganisation im Rahmen eines Joint Ventures der größten Suchmaschine und des größten Onlinehändlers entstanden. Die Arbeiter wurden zu Mitspielern, die sich in Clans organisierten und das Distributionszentrum wurde zum Spielfeld. John tritt auf die große Treppe, die einen Blick über das gesamte, etwa zwei Fußballfelder große Spielfeld erlaubt. Ein Anblick, der ihn jedes Mal aufs Neue begeisterte und irritierte. Hundert autonom fahrende Regale bewegen sich wie von Geisterhand geführt und bilden das Bühnenbild für ein gigantisches Ballett, das von Schwärmen großer und kleiner autonomer Fahrzeuge aufgeführt wird. Manche von ihnen sind mit zwei Roboterarmen ausgestattet und tragen Pakete oder greifen in die bereitgestellten Kisten. Manche Fahrzeuge sehen aus wie große Kugeln, die überraschend schnell über den Boden rollen und sich am Rand des Spielfeldes, dort wo die Regale stehen, auf einmal hinter Plexiglaswänden in die Luft erheben. Während zugleich einige dieser „Bin:Gos“ genannten Kugeln – von Drähten geführt – an den Wänden entlang­rollen. Andere Fahrzeuge ähneln übergroßen Insekten, die mit Raupen, die wie Fangarme aussehen, die Regale erklimmen können und zu Hunderten die umstehenden Hochregale bevölkern und nur ab und zu ihre künstliche Nase ins Spielfeld stecken, um Behälter oder kleine Paletten an andere Roboter zu übergeben.

Manche Fahrzeuge folgen Menschen und mehrere bilden Routenzüge, in dem sie dicht auf dicht hintereinanderfahren. Manchmal scheinen regelrechte Autobahnen zu entstehen, die sich einige Minuten später wieder auflösen. Verteilt über die Spielfläche bilden sich immer wieder freie Flächen, die wie kleine Marktplätze wirken und schon kurz darauf mit Behälterstapeln gefüllt werden, die von fleißigen StackAccessMachines in einer Weise auf- und abgestapelt werden, die an ein übergroßes Tetris-Spiel erinnert.

Teil des großen Spiels sind Menschen, die sich wie John und Paul in kleinen Teams durch die Szenerie bewegen. Sie sorgen auch für die flackernde Beleuchtung des Spielfeldes, das eigentlich in ein mattes Halbdunkel getaucht ist, aber immer dort, wo sich Menschen aufhalten, der Tageszeit entsprechend erhellt wird. So entsteht von oben aus betrachtet der Eindruck, als wären sie große Glühwürmchen, die ein wenig über dem Spielfeld zu schweben scheinen.

John wird aus seiner Betrachtung gerissen, als das Konterfei seines Clan-Chefs auf seiner Brille erscheint. Er hat den sympathischen Mann noch nie persönlich zu Gesicht bekommen, ist aber jedes Mal irritiert, wie sehr er seinem Bruder ähnelt. John reißt sich von dem Anblick los und lässt sich von dem grünen Pfeil, der ihm über seine Brille eingespiegelt wird, zu seinem Arbeitsplatz führen. Dort wartet schon eines der intelligenten Regale, das ihn mit den Worten begrüßt: „Hi John, willkommen an deinem Arbeitsplatz. Du siehst gut aus, dein Puls beträgt 65 Schläge pro Minute. Wir werden heute viele Pakete packen können. Dein persönlicher Rekord liegt bei 632 Picks pro Stunde, der High Score bei 748.“ John winkt lässig ein Fahrzeug mit leeren Kartons heran und beginnt mit Paul zu arbeiten, der gerade neben ihm wortlos seine Etikettier­maschine in Position bringt. Ein Regal weiter verrichtet eine ferngesteuerte Schreitmaschine ihre Arbeit und blickt kurz herüber, als sie John bemerkt. Über der Maschine erscheint das Bild von Helen, die den Cybot von zu Hause aus bedient. John errötet leicht, als er merkt, dass sie seinen Blick erwidert. Was das Regal vor ihm offensichtlich missversteht. „John, geht es dir gut? Dein Puls und Blutdruck sind gestiegen.“ John winkt ab und konzentriert sich wieder auf seine Arbeit. Heute Abend wird er zu Helens Cybot herübergehen und sie um ein Date bitten.

Epilog
Die Geschichte von John spielt im Jahr 2025 und sie ist natürlich eine Fiktion. Aber alle Technologien, die in der Geschichte auftauchen, sind bereits erfunden oder prototypisch umgesetzt. Einige dieser Maschinen sind die viel zitierten cyber-physischen Systeme und damit Grundlage der vierten Industriellen Revolution. Wenn Sie sich also immer gefragt haben, wann die vierte indus­trielle Revolution kommt, kann ich Ihnen sagen: Schauen Sie sich um, sie kommt in großen Schritten auf uns zu!
Mit der vierten industriellen Revolution ist ein grundlegender Wandel verbunden: Die Informationstechnologien werden zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor – vom Design unserer Produkte bis zum Management unserer Supply Chains. Innovation und Erneuerung unserer gesamten Branche ist das Gebot der Stunde. Und die Intralogistik muss eine Führungsrolle bei dieser Entwicklung spielen. Lassen Sie uns die Zukunft bauen, in der wir leben wollen.
mp

Autor: Prof. Dr. Michael ten Hompel, Inhaber des Lehrstuhls für Förder- und Lagerwesen an der TU Dortmund und Geschäftsführender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, Dortmund.

Bild: Fraunhofer IML/G. Katsimitsoulia, Vision eines Logistikzentrums im Jahr 2025

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